Gastvortrag von Amill Gorgis über syrisch-orthodoxen Gelehrten

POHLHEIM/WATZENBORN-STEINBERG (rge/ger/rg), Das kulturelle Erbe der syrisch-orthodoxen Christen zu Erhalten ist das Ziel von Amill Gorgis. Der seit 42 Jahren in Deutschland lebende Diplom-Ingenieur war aus Berlin auf Einladung der Organisation von Studenten und Akademikern zur Bildungsförderung „Kano Suryoyo Hessen“ in die Volkshalle nach Watzenborn-Steinberg eigens zu einem Vortrag gekommen, um über das Leben und Wirken des Gelehrten Mor Ignatios Aphrem I. Barsaum zu berichten. Dessen Buch über die Geschichte der syrischen Wissenschaften und Literatur hatte Gorgis eigens aus der aramäisch-arabischen Sprache ins Deutsche übersetzt. Er bezeichnete das Buch in seinem deutschsprachigen Vortrag als Schatzgrube des Glaubens und der Schaffenskraft der syrisch-aramäischen Kultur, die er mit der Übersetzung auch jungen Menschen öffnen möchte. Seine Botschaft: Bildung ist wichtig und sei ein Erfolgsschlüssel für ein Volk in der Diaspora.
Begrüßt wurden Gorgis und die 130 Zuhörer von den Kano-Vereinsmitgliedern mit den Vorsitzenden Adai Malki, Andreus Aras und der hessischen Ausschussvorsitzenden Christina Yacoub aus Pohlheim an der Spitze. Sie informierte dann auch über das Ziel des Vereins mit den Worten „Bildung ist die zweite Erleuchtung!“, dass in einer jüngsten Tagung im Kloster Mor Jakob Sarug in Warburg formuliert wurde. Bildung sei der Schüssel für Integration und Chancengleichheit, so Yacoub. Daher gelte es für die „Suryoye“, die Angehörigen der Kirchen west- und ostsyrischer Tradition mit Aramäern, Assyrern, Chaldäern und Maroniten, ihre Fähigkeiten und Talente zu entfalten. Der politisch, religiös und ideologisch unabhängige Verein will dies mit Workshops, Informationstagen und Preisverleihungen unterstützen, wie mit dem Infoabend mit Amill Gorgis in Pohlheim.
Dass mit den Werken vom Heilligen Barsaum die Grundlage für den historischen Erhalt des Wissens von Literatur und Wissenschaft über die Jahrhunderte geschaffen wurde, würdigte Gorgis. Der 1887 geborene Gelehrte wirkte bis zu seinem Tode 1957. Religiös in einer Dominikanerschule ausgebildet wurde Barsaum 1905 zum Priester geweiht. Er erlebte den Völkermord im osmanischen Reich 1915. Als späterer Bischof führte er fünf Diözesen von seinem nach Damaskus verlegten Sitz. Er war es auch, der unter anderem mit seinem Werk „Geschichte der syrischen Wissenschaften und Literatur“ das Wissen des christlichen Orients abbildete. Er rief zur friedlichen Koexistenz der Religionen auf. „Ohne ihn hätte die syrisch-orthodoxe Kirche vermutlich nicht überlebt.“ so Gorgis in seinem Vortrag. Für den Teil der Jugend, die ihre Muttersprache nicht mehr in Wort und Schrift beherrscht, habe er dieses Buch ins Deutsche übersetzt, damit altes Wissen der Vorfahren nicht verschwinde. Umrahmt wurde der Vortragsabend von Sängerinnen, die kirchliche aramäische Lieder vortrugen. Am Ende des Abends beantwortete Gorgis noch zahlreiche Fragen aus dem Plenum, zu Herkunft, Leben und der heutigen Situation der Volksgruppe in Syrien. Hier wurde auch die Sorge nach den christlichen Familien in dem vom Bürgerkrieg erschütterten Syrien thematisiert.
Quelle: http://rg-box.com/?p=8143#more-8143 (Gießener Anzeiger)